16.01.2025 | In Westafrika hat sich Niger von einem stabilen westlichen Verbündeten zu einem Brennpunkt geopolitischer Spannungen entwickelt. Die Militärjunta unter Führung von Abdourahamane Tiani hat eine radikale Neuausrichtung der nigrischen Außenpolitik eingeleitet. Die langjährigen Beziehungen zu westlichen Partnern, insbesondere zu Frankreich und den USA, wurden abrupt im März 2024 beendet und zwangen diese, ihre militärische Präsenz im Land zu beenden. Diese Entscheidung markiert einen Wendepunkt in der Sicherheitspolitik der Region, da ebenso Mali und Burkina Faso ähnliche Wege eingeschlagen haben.
Zusammen mit Mali und Burkina Faso hat Niger die „Allianz der Sahelstaaten“ (AES) gegründet, die eine engere Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen anstrebt. Diese Allianz markiert eine Abkehr von der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS), aus der die drei Länder im Januar 2024 ihren Austritt verkündeten. Zuvor verhängte die ECOWAS nach dem Putsch Sanktionen gegen Niger. Westliche Staaten haben ihre Entwicklungshilfe eingefroren und ihre diplomatischen Beziehungen neu bewertet. Als Reaktion hat die Militärjunta Russland als neuen strategischen Partner willkommen geheißen, was sich in verstärkter militärischer Zusammenarbeit und Einladungen an russische Unternehmen zur Beteiligung am Rohstoffabbau manifestiert.
Trotz der neuen Bündnisse bleibt die Sicherheitslage in Niger prekär. Jihadistische Gruppen, die mit al-Qaida oder dem sogenannten „Islamischen Staat“ (IS) in Verbindung stehen, nutzen lokale Konflikte aus, um ihren Einfluss auszuweiten. Diese Extremisten operieren vorwiegend in den Grenzgebieten zu Mali und Burkina Faso, stellen aber auch in anderen Landesteilen eine Bedrohung dar.
15.01.2025 | Mutmaßliche Kämpfer des „Islamischen Staates in der Großen Sahara“ (IS-GS) haben einen spanischen Touristen in der Nähe von Tamanrasset im Süden Algeriens entführt. Das Opfer wurde von fünf bewaffneten Männern verschleppt, die Militäruniformen trugen, die denen der algerischen Nationalarmee ähnelten.
Diese Entführung verdeutlicht die anhaltende Fähigkeit des IS-GS, grenzüberschreitend zu operieren und gezielt westliche Staatsangehörige anzugreifen. Insbesondere sind Touristen aus Ländern betroffen, deren Regierungen in der Vergangenheit Lösegeldzahlungen geleistet haben. Der Vorfall fügt sich in eine Reihe von Attacken ein, mit denen die Terrorgruppe ihre Präsenz und ihren Einfluss in der Region demonstriert.
Bei einem Zusammenstoß zwischen Kämpfern des „Islamischen Staates in der Großen Sahara“ (ISGS) und der Gruppe „Jama’at Nusrat al-Islam wa al-Muslimin (JNIM)“ wurden neun JNIM-Mitglieder getötet sowie Waffen und Munition erbeutet.
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Der „Islamische Staat in der Größeren Sahara“ (IS-GS) ist der Sahel-Ableger der transnationalen dschihadistischen Organisation „Islamischer Staat“ (IS) und einer der gefährlichsten nichtstaatlichen Akteure im gegenwärtigen Konfliktgeschehen der Sahelzone. Die Gruppe entstand aus früheren al-Qaida-nahen Strukturen wie der MUJAO und wurde ab 2015 unter Führung von Abu Walid al-Sahrawi zunehmend aktiv. Seit ihrer offiziellen Eingliederung in die IS-Strukturen im Jahr 2019 verfolgt sie eine Strategie militärischer Expansion, ethnischer Polarisierung und massiver Gewalt gegen Zivilbevölkerung, staatliche Kräfte und konkurrierende Gruppierungen, insbesondere die al-Qaida-nahe Jama’a Nusrat al-Islam wa al-Muslimin (JNIM).
IS-GS ist hauptsächlich in der Grenzregion zwischen Mali, Burkina Faso und Niger aktiv, wo sie sich in vielen Gebieten zur dominierenden Gewaltinstanz entwickelt hat. Die militärischen Operationen der Gruppe sind durch Bodenoffensiven, Überfälle und Massaker gekennzeichnet, wobei Zivilisten häufig gezielt oder wahllos ins Visier geraten. Die geografische Ausdehnung der Aktivitäten reicht inzwischen auch in angrenzende Staaten wie Algerien, Benin und Nigeria hinein. Der Machtzuwachs der Gruppe fiel mit dem Rückzug internationaler Truppen und dem Zusammenbruch regionaler Anti-Terror-Allianzen infolge politischer Umbrüche zusammen.
Trotz gezielter Tötungen von Anführern – darunter Abu Walid al-Sahrawi – bleibt IS-GS hochgradig aktiv und adaptiv. Die derzeitige regionale Sicherheitsarchitektur zeigt sich weitgehend unfähig, der Gruppe langfristig und koordiniert entgegenzutreten. Ohne eine nachhaltige Zusammenarbeit zwischen den Staaten der Region sowie den diversen bewaffneten Akteuren droht IS-GS, seine territoriale Kontrolle und gesellschaftliche Einflussnahme weiter auszubauen.
Im Sahel tobt seit Jahren ein Konflikt zwischen den beiden größten jihadistischen Gruppierungen: “Jama’at Nusrat al-Islam wal-Muslimin” (JNIM), dem regionalen Ableger von al-Qaida, und dem “Islamischen Staat in der Größeren Sahara” (IS-GS), einer Fraktion des “Islamischen Staates” (IS). Während beide Gruppen ursprünglich aus dem Netzwerk von “Al-Qaida im Islamischen Maghreb” (AQIM) hervorgingen und zeitweise koexistierten, verwandelte sich ihr Verhältnis spätestens 2019 in einen offenen Machtkampf um Territorium, Einfluss und Ressourcen.
Die Zusammenarbeit zwischen JNIM und IS-GS war lange von pragmatischen Absprachen, gegenseitiger Unterstützung und der Abwehr gemeinsamer Feinde geprägt – ein Phänomen, das als „Sahelian Exception“ galt. Doch mit der Zeit führten territoriale Ansprüche, Mitgliederabwerbung und unterschiedliche Strategien zum Bruch. Besonders die Integration des IS-GS in die globale IS-Infrastruktur und der zunehmende Druck durch die von Frankreich geführte Anti-Terror-Operation “Barkhane” verschärften die Spannungen.
Während der IS-GS nun auf aggressive Expansion und medienwirksame Gewalt setzt, versucht JNIM, sich als „Beschützer“ der lokalen Bevölkerung zu positionieren. Der Konflikt gipfelte 2019 in einer Serie von Angriffen auf Militärposten im sogenannten „Dreiländereck“ zwischen Mali, Burkina Faso und Niger. In diesem Jahr wurden mindestens 125 direkte Zusammenstöße gezählt, mit über 700 getöteten Kämpfern auf beiden Seiten. Während JNIM in einigen Regionen, wie dem Inneren Niger-Delta, seine Kontrolle über Gebiete erweitern konnte, etablierte der IS-GS in anderen Gebieten – etwa im Osten Burkina Fasos – eigene Einflusszonen und rekrutierte gezielt lokale Milizen, durch Ausnutzung ethnische Spannungen.
Trotz aller Feindseligkeiten und Kämpfe ist eine vollständige Eskalation nicht in allen Regionen zu beobachten. In manchen Gebieten, wie im Osten Burkina Fasos, scheint es bereits zu einer Art „Modus Vivendi“ gekommen zu sein. Dennoch bleibt die Lage im Sahel volatil, und die beiden Gruppierungen stehen weiterhin für zwei unvereinbare Visionen eines islamistischen Gesellschaftsmodells.
Plebani, R. (2021, 15. Februar). The Conflict Between Al-Qaeda and the Islamic State in the Sahel, A Year On. ISPI. https://www.ispionline.it/en/publication/conflict-between-al-qaeda-and-islamic-state-sahel-year-29305 (Abgerufen am 25. Juni 2025).