Türkei

Die Türkei ist durch ethnisch-separatistischen Aufständen über jihadistische Anschläge bis hin zu transnationalen Bedrohungen betroffen. Historisch besonders prägend war der jahrzehntelange Konflikt mit der PKK, daneben haben in verschiedenen Perioden islamistisch-orientierte Gruppen — allen voran Ableger des sogenannten „Islamischen Staates“ (IS) sowie einzelne jihadistische Zellen — schwere Anschläge verübt oder Anschlagsplanungen betrieben. Gleichzeitig stellt die geografische Lage an den Grenzen zu Syrien und Irak eine anhaltende Quelle für Spillover-Risiken dar: bewaffnete Gruppen in Syrien und die Aktivitäten transnationaler Netzwerke können sich direkt oder indirekt auf die innere Sicherheit der Türkei auswirken. Diese Gemengelage macht die Türkei zu einem Land, in dem terroristische Aktionen weiterhin plausibel sind, auch wenn das Bedrohungsbild regional sehr unterschiedlich ist.

Als bevorzugte Zielobjekte kommen staatliche und sicherheitsrelevante Einrichtungen, Verkehrsknoten (Bahnhöfe, Flughäfen, Busbahnhöfe), Energie- und Infrastrukturanlagen sowie belebte zivile Orte in Metropolen wie Istanbul und Ankara in Frage. In den südöstlichen Provinzen ist darüber hinaus die Verwundbarkeit von militärischen Einrichtungen, Polizeiposten und Grenzbefestigungen erhöht. Anschlagsarten reichen von Selbstmord- und Fahrzeuganschlägen über improvisierte Sprengsätze und koordinierte bewaffnete Übergriffe bis zu gezielten Attentaten und Sabotageakten gegen kritische Infrastruktur; auch kleinteilige, „lone-actor“-Attacken bleiben eine relevante Kategorie. Räumlich ist die Bedrohung heterogen: urbane Zentren weisen wegen Bevölkerungsdichte und symbolträchtiger Ziele ein höheres Kollateralrisiko, die Grenzregionen dagegen ein erhöhtes Risiko für grenzüberschreitende Operationen, Rekrutierung und verdeckte Logistik.

Die Türkei ist aufgrund ihrer Nähe zu Syrien und Irak sowohl Transit- als auch Zufluchtsraum für ausländische Kämpfer und Rückkehrer gewesen; in der Vergangenheit sind zahlreiche ausländische IS-Anhänger durch türkisches Territorium gereist oder dort aufgegriffen worden. Die Präsenz von Rückkehrern und von Personen, die durch Online-Propaganda radikalisiert wurden, erhöht das Risiko einzelner, schwer vorhersagbarer Anschlagsakte sowie die Gefahr von Netzwerken, die operativ nutzbar sind. Zugleich hat die türkische Sicherheitsarchitektur in einzelnen Perioden verstärkt auf Rückführungen, Festnahmen und juristische Verfolgung reagiert; das Phänomen bleibt jedoch dynamisch und erfordert anhaltendes Monitoring und gezielte Deradikalisierungs-/Reintegrationsmaßnahmen.

Der türkische Staat unterhält ein weitreichendes rechtliches und operatives Instrumentarium zur Terrorismusbekämpfung: dichte Polizeipräsenz in Städten, spezialisierte antiterroristische Einheiten, ausgeprägte Grenzkontrollen sowie ein weites Spektrum straf- und geheimdienstlicher Befugnisse. Gleichzeitig ist die Anwendung von Antiterror-Maßnahmen wiederholt Gegenstand internationaler Kritik, da restriktive Gesetze und Ermittlungspraktiken zivilgesellschaftliche Freiräume einschränken können; dies wirkt sich auf Vertrauen, Kooperation mit Teilen der Bevölkerung und die politische Legitimierung von Maßnahmen aus.

Auf operativer Ebene bestehen intensive multilaterale Kontakte (Nachbarstaaten, NATO-Partner, internationale Nachrichtendienste), die für grenzüberschreitende Ermittlungen und Informationsaustausch zentral sind. Die Effektivität der Maßnahmen profitiert von großer Ressourcenallokation, ist jedoch in konkreten Fällen durch politische Spannungen, juristische Grenzen und die Komplexität transnationaler Netzwerke begrenzt.

Die Türkei verfügt in den großen Städten über vergleichsweise robuste medizinische Infrastrukturen, inklusive Universitätskliniken und spezialisierten Traumazentren, die für die unmittelbare Versorgung von Opferzahlen gut gerüstet sind; dennoch können großangelegte, multiple Anschläge oder kombinierte Natur- und Sicherheitskrisen die Kapazitäten schnell übersteigen, insbesondere in peripheren Regionen. Katastrophen- und Krisenmanagement ist staatlich zentral organisiert und hat in der Vergangenheit sowohl auf Terrorvorfälle als auch auf großflächige Naturereignisse (z. B. Erdbeben) reagiert; die existierenden Evakuierungs- und Krisenpläne sind grundsätzlich vorhanden, benötigen jedoch fortlaufende Übung, interagency-Koordination und Resilienzmaßnahmen gegen komplexe Szenarien mit simultanen Anforderungen (Medizin, Logistik, Kommunikation). Verbesserungspotenzial besteht vor allem in regionaler medizinischer Verlegungskoordination, zivilgesellschaftlicher Einbindung und Szenariotrainings für kombinierte Krisenlagen. die Integration relevanter zivilgesellschaftlicher Akteure zentral, um Prävention, Frühwarnung und gesellschaftliche Resilienz nachhaltig zu erhöhen.

Im Juli 2025 wurde in Westafrika ein Rückgang der registrierten jihadistischen Anschläge verzeichnet, mit insgesamt 101 Angriffen, die etwa 570 Todesopfer forderten – vor allem Zivilisten, Sicherheitskräfte und Mitglieder lokaler Milizen. Dieser Rückgang sollte jedoch nicht als Nachlassen der Bedrohung interpretiert werden, sondern als strategische und taktische Umorientierung der Gruppen in der Region.

Die Gruppe “Jamaat Nusrat al-Islam wal-Muslimin” (JNIM) bleibt der dominierende Akteur und ist für über 60 % der Angriffe verantwortlich, insbesondere in Burkina Faso, Mali, Niger und Togo. Die Angriffe umfassen Hinterhalte, Sprengfallen (IEDs), Schusswechsel und gezielte Tötungen, mit einem hohen Anteil ziviler Opfer. Parallel intensiviert der “Islamische Staat in Westafrika” (IS-WA) zusammen mit seiner nigerianischen Niederlassung seine Aktivitäten in Niger, Nigeria, Tschad und Kamerun, wobei der Schwerpunkt auf Angriffen gegen Zivilisten liegt.

Im Maghreb war die jihadistische Aktivität im Juli begrenzt, jedoch gab es vereinzelte Vorfälle in Algerien und Libyen. In Algerien übergaben zwei Mitglieder von AQMI sich freiwillig an das Militär, während in Libyen drei IS-nahe Zellen im Süden des Landes durch Geheimdienste neutralisiert wurden. Diese Zellen waren in Rekrutierung, Menschenhandel und Geldwäsche aktiv, was auf eine fortbestehende Präsenz jihadistischer Netzwerke hinweist.

Ein wichtiger politischer Schritt war die Konsolidierung der Sahel-Staaten-Allianz (AES) durch einen Vertrag, der eine Verteidigungs- und Unterstützungsgemeinschaft begründet. Dies könnte Spannungen mit der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (ECOWAS) erzeugen und Länder wie Ghana oder die Elfenbeinküste isolieren, wodurch Instabilität begünstigt wird.

JNIM verlagert seine Aktivitäten zudem strategisch nach Süden und Westen in Mali und Burkina Faso, mit koordinierten Hinterhalten nahe der Grenze zu Senegal und zunehmender territorialer Kontrolle. Dies erhöht das Risiko einer Ausbreitung von Gewalt auf Mauritanien, Guinea und Senegal.

Trotz intensiver militärischer Einsätze auf lokaler, regionaler und internationaler Ebene gelingt es bislang nicht, die Terrorgruppe Boko Haram endgültig zu neutralisieren. Die Organisation entstand 2009 im nigerianischen Bundesstaat Borno, hat aber ihr Einflussgebiet deutlich auf Nachbarstaaten wie Niger, Tschad und Kamerun ausgeweitet. Dabei wird die Gewalt durch interne Fraktionskämpfe nicht geschwächt: Die Gruppe ist in eine al-Qaida-nahe und eine IS-gestützte Fraktion zerfallen, die sich gegenseitig Konkurrenz machen, jedoch weiterhin systematisch Anschläge verüben.

Im August 2025 zeigte sich ein besorgniserregender Trend: Obwohl die Gesamtzahl der Angriffe leicht zurückging, stieg die Zahl der Todesopfer erheblich auf 338. Entführungen werden weiterhin routinemäßig als Mittel zur Finanzierung, zur Erpressung und zur Machtdemonstration eingesetzt, was die humanitäre Lage in der Region zusätzlich verschärft.

Die Gründe für das Fortbestehen von Boko Haram sind vielschichtig. Politische Instabilität und Korruption in Nigeria schwächen staatliche Kontrollmechanismen. Gleichzeitig verschärfen ethnische und religiöse Spannungen die Verwundbarkeit der Gesellschaften. Die multilaterale Bekämpfung durch die „Multinationale Joint Task Force“ bleibt fragmentiert: Finanzielle Engpässe, logistische Schwierigkeiten und politische Interessenskonflikte der beteiligten Staaten verhindern eine konsequente, koordinierte Strategie. Grenzüberschreitende kriminelle Netzwerke und die Einmischung internationaler Akteure erschweren darüber hinaus die Bekämpfung der Gruppe.

Die andauernde Gewalt hat massive Auswirkungen auf die betroffenen Bevölkerungen. Unsichere Lebensverhältnisse, zerstörte Infrastruktur und die ständige Bedrohung durch Entführungen oder Anschläge erschweren Entwicklung und Stabilität erheblich. Ohne umfassende Reformen, stärkere regionale Zusammenarbeit und die Einbindung der lokalen Bevölkerung bleibt die Region ein dauerhaftes Sicherheitsrisiko.

Zusammenfassend zeigt die Lage, dass militärische Mittel allein nicht ausreichen. Nur durch eine Kombination aus politischer Stabilisierung, Korruptionsbekämpfung, sozialer Integration und verbesserter grenzüberschreitender Kooperation kann die langfristige Bedrohung durch Boko Haram wirksam eingedämmt werden.

Tote - slider
03000
Verletzte - slider
03000
Verantwortliche Gruppe
Datum