07.05.2025 | Die Hauptstadt Nigers steht vor einer ernsten Versorgungskrise: Dschihadistische Gruppen haben in den Wäldern nahe der Grenze zu Mali und Burkina Faso das Einschlagen von Holz vollständig unterbunden. Diese Holzzufuhr ist für rund 90 % der Haushalte in Niamey lebensnotwendig – sowohl zum Kochen als auch für festliche Anlässe wie Hochzeiten, Taufen oder das Zuckerfest Eid al-Adha.
Der drastische Rückgang der Brennstoffversorgung infolge gezielter Blockaden durch Terroristen hat nicht nur Kernbereiche der Alltagsversorgung lahmgelegt, sondern treibt auch die Preise in schwindelerregende Höhen. Ein Holzhaufen, der früher etwa 100 000 CFA (≃150 €) kostete, wird nun für 300 000 bis 350 000 CFA angeboten. Viele Familien, darunter auch Großfamilien wie Mutter Aissa mit sechs Kindern, wechseln daher auf günstigere – aber umweltschädlichere – Alternativen wie Holzkohle.¹
Die wirtschaftlichen Folgen belasten Händler und Verbraucher gleichermaßen: Der Jahresumsatz der Holzbranche in Niamey, einst über drei Milliarden CFA, befindet sich im freien Fall. Zugleich warnt die Umweltaktivistin Islamane Almoustapha vor einer drohenden ökologischen Katastrophe. Die unregelmäßige und ungesetzliche Holzentnahme an anderen Orten verschärft die Entwaldung in einem ohnehin schon ressourcenarmen Sahel-Gebiet.
Die nigrische Regierung versicherte, sie werde Sicherheitsmaßnahmen in den betroffenen Regionen verstärken. Doch die dschihadistische Präsenz bleibt stark, denn die Gruppen verfolgen ein bewusstes Ziel: Sie wollen nicht nur die staatliche Kontrolle unterminieren, sondern auch den Alltag der Bevölkerung destabilisieren.
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Im Sahel tobt seit Jahren ein Konflikt zwischen den beiden größten jihadistischen Gruppierungen: “Jama’at Nusrat al-Islam wal-Muslimin” (JNIM), dem regionalen Ableger von al-Qaida, und dem “Islamischen Staat in der Größeren Sahara” (IS-GS), einer Fraktion des “Islamischen Staates” (IS). Während beide Gruppen ursprünglich aus dem Netzwerk von “Al-Qaida im Islamischen Maghreb” (AQIM) hervorgingen und zeitweise koexistierten, verwandelte sich ihr Verhältnis spätestens 2019 in einen offenen Machtkampf um Territorium, Einfluss und Ressourcen.
Die Zusammenarbeit zwischen JNIM und IS-GS war lange von pragmatischen Absprachen, gegenseitiger Unterstützung und der Abwehr gemeinsamer Feinde geprägt – ein Phänomen, das als „Sahelian Exception“ galt. Doch mit der Zeit führten territoriale Ansprüche, Mitgliederabwerbung und unterschiedliche Strategien zum Bruch. Besonders die Integration des IS-GS in die globale IS-Infrastruktur und der zunehmende Druck durch die von Frankreich geführte Anti-Terror-Operation “Barkhane” verschärften die Spannungen.
Während der IS-GS nun auf aggressive Expansion und medienwirksame Gewalt setzt, versucht JNIM, sich als „Beschützer“ der lokalen Bevölkerung zu positionieren. Der Konflikt gipfelte 2019 in einer Serie von Angriffen auf Militärposten im sogenannten „Dreiländereck“ zwischen Mali, Burkina Faso und Niger. In diesem Jahr wurden mindestens 125 direkte Zusammenstöße gezählt, mit über 700 getöteten Kämpfern auf beiden Seiten. Während JNIM in einigen Regionen, wie dem Inneren Niger-Delta, seine Kontrolle über Gebiete erweitern konnte, etablierte der IS-GS in anderen Gebieten – etwa im Osten Burkina Fasos – eigene Einflusszonen und rekrutierte gezielt lokale Milizen, durch Ausnutzung ethnische Spannungen.
Trotz aller Feindseligkeiten und Kämpfe ist eine vollständige Eskalation nicht in allen Regionen zu beobachten. In manchen Gebieten, wie im Osten Burkina Fasos, scheint es bereits zu einer Art „Modus Vivendi“ gekommen zu sein. Dennoch bleibt die Lage im Sahel volatil, und die beiden Gruppierungen stehen weiterhin für zwei unvereinbare Visionen eines islamistischen Gesellschaftsmodells.
Plebani, R. (2021, 15. Februar). The Conflict Between Al-Qaeda and the Islamic State in the Sahel, A Year On. ISPI. https://www.ispionline.it/en/publication/conflict-between-al-qaeda-and-islamic-state-sahel-year-29305 (Abgerufen am 25. Juni 2025).