Balochistan Liberation Army

Die “Balochistan Liberation Front” (BLF) führte unter dem Titel „Operation Baam“ (Morgendämmerung) eine beispiellose Angriffswelle durch: 84 Anschläge in nur drei Tagen quer durch Balochistan.

Die koordinierte Aktion, die sich laut BLF „von der Makran-Küste bis zu den Bergen des Koh-e-Sulaiman“ erstreckte, demonstriert nicht nur geografische Reichweite, sondern auch ein bemerkenswertes Maß an operativer Disziplin.

Die Angriffe richteten sich gezielt gegen militärische, wirtschaftliche und symbolische Staatsinfrastruktur – darunter NADRA-Büros, Banken, Kontrollpunkte der Levies sowie Verwaltungsgebäude. Eingesetzte Einheiten reichten von Scharfschützen über IED-Teams bis hin zu Sturmtruppen. Die Operation folgte einem klassischen Guerillamuster: „Schlagen, kontrollieren, sich zurückziehen.“ Dabei ging es nicht nur um physische Zerstörung, sondern auch um kurzfristige Machtausübung und gezielte Propaganda, um lokale Legitimität aufzubauen.

Die Zahl 84 Angriffe in drei Tagen ist bewusst gewählt – ein symbolisches Signal der Allgegenwart und Handlungsfähigkeit, das psychologische Wirkung auf Unterstützer wie Gegner entfalten soll.

Ideologisch bedeutet die Operation eine bewusste Konfrontation mit der Gründungslogik des pakistanischen Staates. Die BLF verurteilt ausdrücklich den „punjabischen Chauvinismus“ und die staatliche Nutzung des Islams als einigendes Narrativ. Stattdessen setzt sie auf einen säkularen, ethnonationalistischen Befreiungsdiskurs – ähnlich anderen postkolonialen Kämpfen, in denen Religion als Mittel der imperialen Kontrolle gesehen wurde. Der Konflikt wird so von einer militärischen Auseinandersetzung zu einem ideologischen Kampf um Selbstbestimmung und kulturelle Emanzipation umgedeutet.
Parallel zur Operation verschärft sich auch die innenpolitische Lage: Führende balochische Menschenrechtsaktivistinnen wie Dr. Mahrang Baloch und Beebow Baloch wurden am 22. März 2025 unter dem Maintenance of Public Order Ordinance (MPO) ohne richterliche Grundlage festgenommen. Trotz Ablauf der gesetzlichen 90-Tage-Frist am 22. Juni 2025 befinden sie sich weiterhin in Haft – ein klarer Verstoß gegen Artikel 10(4) der pakistanischen Verfassung. Ein bereits angesetztes richterliches Überprüfungsverfahren am 8. Juli wurde faktisch umgangen, indem die Aktivist:innen kurzerhand vor das Antiterrorgericht (ATC) in Quetta überstellt wurden. Dort wurde ohne belastbare Beweise eine neue zehntägige Untersuchungshaft verhängt.

Auch andere Mitglieder des Baloch Yakjehti Committee (BYC), darunter Bibagar Baloch, Sabghatullah Shah Ji, Gulzadi Baloch, Mama Ghaffar Baloch und Imran Baloch, sind weiterhin in rechtswidriger Haft. Die zunehmend repressiven Maßnahmen gegen zivilgesellschaftliche Akteure stärken die Argumentation der BLF, wonach das pakistanische Rechtssystem nicht als Garant von Gerechtigkeit, sondern als Werkzeug gezielter Unterdrückung fungiert.

„Operation Baam“ dürfte damit nicht nur ein militärischer Wendepunkt sein, sondern auch ein ideologischer. Die Verknüpfung von bewaffnetem Widerstand mit einem politisch aufgeladenen Narrativ der ethnischen Befreiung verschafft der BLF neue Schlagkraft – im Terrain wie im Diskurs. Während Islamabad auf juristische Winkelzüge und militärische Gewalt setzt, formt sich in Balochistan eine Bewegung, die sich als moralisch überlegene Alternative zu einem als illegitim empfundenen Staat präsentiert.