Kolumbien

Die allgemeine Bedrohungslage Kolumbiens ist geprägt von einem langjährigen, vielschichtigen internen Konflikt, der sich seit dem Waffenstillstand mit der FARC-Hauptorganisation (2016) in eine fragmentierte Landschaft illegaler bewaffneter Gruppen, Drogenkartelle und paramilitärischer Strukturen verwandelt hat. Hauptakteure sind heute die National Liberation Army (ELN), mehrere FARC-Dissidentengruppen (u. a. „Estado Mayor Central“ / EMC, Segunda Marquetalia) sowie kriminelle Banden wie der Clan del Golfo; diese Akteure finanzieren und konsolidieren Macht überwiegend durch Drogenproduktion, Schmuggel, illegale Bergbauaktivitäten und Schutzgelder. In den Jahren 2023–2025 zeigen Sicherheitsberichte und Analysen ein Wachstum und eine Konsolidierung dieser Gruppen in verschiedenen Regionen, gekoppelt mit erhöhten Gewaltausbrüchen in Konfliktgebieten (vor allem Catatumbo, Cauca, Chocó, Antioquia), was die strukturelle Bedrohungslage weiterhin hoch hält. Gleichzeitig hat die Präsenz transnationaler islamistischer Terrornetzwerke in Kolumbien keine vergleichbare Bedeutung; die größte externe Gefahr kommt indirekt aus grenzüberschreitenden kriminellen Netzen, Migration, Waffenflüssen und der regionalen Dynamik des Drogenhandels.

Aus dieser Lage ergeben sich spezifische Risiken mit unterschiedlichen Mustern in Stadt und Land. Primäre Zielobjekte sind staatliche Repräsentanzen (militärische Stützpunkte, Polizeiposten), kritische Infrastruktur (Pipelines, Anlagen für Mineral- oder Öl-/Gaswirtschaft), Transportkorridore (Straßen, Häfen, Grenzübergänge) sowie zivile Hotspots (Märkte, Bahnhöfe, Versammlungsorte) — letztere vor allem in urbanen Zentren.

Potenzielle Anschlagsarten reichen von Guerilla-Angriffen, Hinterhalten und Sprengfallen (IED/Minensetzungen) durch Milizen über koordinierte Schusswechsel und Entführungen bis hin zu Brandanschlägen und gezielten Sabotageakten an Infrastruktur. In ländlichen, entlegenen Gebieten (z. B. Catatumbo, Teile von Cauca, Chocó, Nariño) dominieren lang andauernde Gebietsgewinne, lokale Kämpfe um Produktions- und Transitlinien (Coca, Gold), Abdrängung der Zivilbevölkerung und Korridor-Kontrolle; in städtischen Räumen sind es punktuelle Anschläge, Protesteskalationen und Aktionen, die große Aufmerksamkeit erzeugen und politische Wirkung haben. Jüngste Gewaltausbrüche — etwa gewaltsame Auseinandersetzungen um die Kontrolle der Koka-Ökonomie im Catatumbo — zeigen, wie schnell lokale Auseinandersetzungen in großflächige Vertreibungen und Zerstörung umschlagen können.

Kolumbien unterscheidet sich von Regionen, in denen ausländische Dschihadisten die Hauptbedrohung darstellen. Es gibt keine belastbaren Hinweise auf nennenswerte Rückkehrerströme aus Nahost-Kriegsgebieten, die jetzt das Sicherheitsbild dominieren. Das größere Risiko ist intern: Rekrutierung durch bewaffnete Gruppen, Zwangsrekrutierung (auch Minderjähriger), ökonomische Verwundbarkeit junger Männer und die soziale Marginalisierung in Konfliktzonen. Desertionen, Überläufe und interne Umgruppierungen (z. B. Entlassungen aus FARC-Dissidentenverbänden oder Wechsel zu paramilitärisch organisierten Banden) sind dokumentiert und beeinflussen lokal die Einsatz- und Rekrutierungsdynamiken; 2024/2025 gab es Berichte über Deserteure und Zwangsrekrutierungen in umkämpften Regionen. Präventive Programme zur Reintegration, Monitoring von Rückkehrern aus Nachbarstaaten sowie psychosoziale Maßnahmen bleiben deshalb wichtig.

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Die Maßnahmen von Regierung und Sicherheitskräften sind zweigleisig: einerseits militärisch-polizeiliche Operationen zur Wiedererlangung territorialer Kontrolle (einschließlich Offensiveinsätzen gegen ELN, FARC-Dissidenten und Clan del Golfo); andererseits politische Initiativen wie Verhandlungsansätze (z. B. die „Total Peace“-Politik der Regierung Petro bis 2024/25), die auf Demobilisierung und Reintegration zielen. Internationale Kooperationen — vor allem mit den USA (Sicherheits-, Drogenbekämpfungs- und Trainingsprogramme), regionalen Partnern und multilateralen Organisationen — bleiben zentral, auch für Informations- und Luftunterstützung, Aufklärung und Kapazitätsaufbau. Rechtsrahmen und Maßnahmen gegen Terrorfinanzierung, Geldwäsche und organisierte Kriminalität sind vorhanden und werden fortentwickelt; jedoch zeigen Geheimdienst- und Lageberichte von 2023–2025, dass trotz Ausbaupolicies institutionelle Lücken, Koordinationsprobleme und begrenzte Ressourcen in entfernten Regionen die Effektivität einschränken. Außerdem führen Waffen- und Drogenökonomien zu hoher finanzieller Widerstandskraft der illegalen Akteure, sodass rein militärische Antworten allein kaum nachhaltig sind.

Bezogen auf Notfallvorsorge und Krisenmanagement ist die Kapazität gemischt: nationale Strukturen zur Krisenkoordination, Gesundheitsüberwachung und internationalen Kooperation (WHO, IOM, UN-Agenturen) existieren und wurden in den letzten Jahren ausgebaut, inklusive Programmen zur verbesserten medizinischen Erstversorgung und Katastrophenvorsorge. Dennoch sind systemische Schwächen sichtbar — insbesondere die begrenzte Trauma- und Evakuierungskapazität in ländlichen Konfliktzonen, fragmentierte Kommunikations- und Frühwarnsysteme und logistische Engpässe bei Massenvertreibungen. Große, koordinierte Gewaltausbrüche (mit vielen Verwundeten/Intern Vertriebenen) übersteigen schnell lokale Kapazitäten und erfordern schnelle internationale Unterstützung und gut geprobte Evakuierungs- sowie Versorgungsketten; mehrere UNO- und NGO-Pläne (2024–2025) adressieren diese Lücken, aber Umsetzung und Finanzierung bleiben kritisch.

Drei Jahre nach dem ehrgeizigen Start von Präsident Gustavo Petros Friedensstrategie „Paz Total“ steht Kolumbien erneut am Scheideweg zwischen Friedenssuche und wachsender Gewalt. Die Politik, die auf Dialog und Verhandlungen mit bewaffneten und kriminellen Gruppen setzte, sollte ein neues Kapitel in der Geschichte eines Landes einleiten, das seit Jahrzehnten von internen Konflikten geprägt ist. Doch die Realität des Jahres 2025 zeigt ein anderes Bild: Die Sicherheitslage hat sich dramatisch verschärft, und die Hoffnung auf einen umfassenden Frieden scheint in weiten Teilen des Landes zu schwinden.

Statt einer Konsolidierung der staatlichen Kontrolle haben sich die wichtigsten bewaffneten Akteure – insbesondere die “Ejército de Liberación Nacional” (ELN) und die abtrünnigen Fraktionen der ehemaligen FARC – in zahlreichen Regionen ausgeweitet. Der Rückzug des Staates aus entlegenen Gebieten und die fragmentierte Sicherheitsstrategie haben es diesen Gruppen ermöglicht, ihre territoriale Präsenz auszubauen und ihre Einnahmen aus Drogenhandel, illegalem Bergbau und Erpressung zu sichern. Seit Mitte 2025 hat die Zahl der Anschläge, Entführungen und Gefechte deutlich zugenommen.
ELN und FARC-Dissidenten haben ihre Vorgehensweisen angepasst und neue Technologien in ihre Angriffe integriert. Der Einsatz von mit Sprengstoff bestückten Drohnen und improvisierten Sprengsätzen hat die Fähigkeit der Sicherheitskräfte, Angriffe zu verhindern, erheblich eingeschränkt. Die Gruppen nutzen diese Mittel nicht nur gegen militärische Ziele, sondern zunehmend auch zur Einschüchterung von Zivilisten und zur Erpressung lokaler Gemeinden. Diese Entwicklung verdeutlicht die wachsende Asymmetrie zwischen staatlichen Streitkräften und flexiblen, gut organisierten Guerilla- und Kriminellenetzwerken.

Politisches Scheitern und militärische Schwäche

Die zentralen Schwächen der „Paz Total“-Politik liegen sowohl in der Umsetzung als auch in der strategischen Annahme, dass Dialog allein bewaffnete Akteure zum Frieden bewegen könne. Während Petro auf Verhandlungen setzte, nutzten viele Gruppen die Waffenstillstände, um sich militärisch und wirtschaftlich zu stärken. Inzwischen hat die Regierung mehrere Gespräche ausgesetzt und einige Fraktionen als terroristische Organisationen eingestuft – ein deutlicher Kurswechsel hin zu militärischem Druck.

Doch auch dieser Ansatz stößt an Grenzen: Das kolumbianische Militär kämpft mit Personalmangel, logistischer Schwäche und veralteter Ausrüstung. Trotz erhöhter Verteidigungsausgaben ist die Zahl der aktiven Soldaten gesunken, während nahezu 40 Prozent der Hubschrauberflotte aufgrund technischer Defizite außer Betrieb sind. Der Handlungsspielraum der Streitkräfte bleibt damit stark eingeschränkt.

Petros vorsichtige Haltung gegenüber Washington – insbesondere in Fragen der Drogenbekämpfung – hat die sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit den USA abgekühlt. Kritiker werfen ihm vor, die internationale Unterstützung zu riskieren, während die interne Sicherheitslage kollabiert. Gleichzeitig wächst der innenpolitische Druck: Die steigende Zahl ziviler Opfer und die Unsicherheit in strategisch wichtigen Regionen wie Cauca, Nariño und Norte de Santander haben das Vertrauen in die Regierung weiter geschwächt.

Ein gefährlicher Wahlzyklus

Mit Blick auf die Parlamentswahlen im März 2026 steht Kolumbien vor einer Phase potenzieller Instabilität. Politische Gewalt, Erpressung und gezielte Angriffe auf Kandidaten haben bereits zugenommen. Die Ermordung des Senators und Präsidentschaftskandidaten Miguel Uribe im Jahr 2025 hat die Furcht vor einer Rückkehr zu den dunklen Zeiten politischer Morde neu entfacht. Besonders ländliche Regionen ohne starke staatliche Präsenz sind anfällig für Einflussnahme durch bewaffnete Gruppen, die Stimmenkauf und Einschüchterung als politische Instrumente einsetzen.