15.01.2025 | Mutmaßliche Kämpfer des „Islamischen Staates in der Großen Sahara“ (IS-GS) haben einen spanischen Touristen in der Nähe von Tamanrasset im Süden Algeriens entführt. Das Opfer wurde von fünf bewaffneten Männern verschleppt, die Militäruniformen trugen, die denen der algerischen Nationalarmee ähnelten.
Diese Entführung verdeutlicht die anhaltende Fähigkeit des IS-GS, grenzüberschreitend zu operieren und gezielt westliche Staatsangehörige anzugreifen. Insbesondere sind Touristen aus Ländern betroffen, deren Regierungen in der Vergangenheit Lösegeldzahlungen geleistet haben. Der Vorfall fügt sich in eine Reihe von Attacken ein, mit denen die Terrorgruppe ihre Präsenz und ihren Einfluss in der Region demonstriert.
In Algerien ist die Bedrohung durch islamistische Terrorgruppen wie “Al-Qaida im Islamischen Maghreb” (AQIM) und den “Islamischen Staat” (IS) groß. Während deren Hauptziele staatliche Einrichtungen und Sicherheitskräfte sind, richten sich Angriffe auch potenziell gegen ausländische Unternehmen und Mitarbeiter, insbesondere in der Öl- und Gasindustrie.
In ländlichen und gebirgigen Regionen im Norden führen Milizen weiterhin Guerillaaktivitäten durch, darunter Anschläge mit improvisierten Sprengsätzen (IEDs), bewaffnete Überfälle, Hinterhalte sowie der Einsatz von fingierten Straßensperren. Besonders betroffen sind die Kabylei und angrenzende Provinzen wie Bouira, Tizi Ouzou und Boumerdes, aber auch Medea, Ain Defla, Tipaza, Sidi-Bel-Abbes und Tlemcen.
Im Süden und entlang der Grenzen zu Libyen und Tunesien ist die Gefährdung durch Terrorismus besonders hoch. Hier kommt es regelmäßig zu Angriffen oder Entführungen, die neben staatlichen Zielen auch ausländische Staatsangehörige treffen können. Sicherheitskräfte führen in diesen Gebieten fortlaufend großangelegte Operationen durch, um AQIM- und IS-Zellen zu zerschlagen. Trotz verstärkter Grenz- und Anti-Terror-Maßnahmen sind beide Gruppen weiterhin präsent und anpassungsfähig.
Im Juli 2025 wurde in Westafrika ein Rückgang der registrierten jihadistischen Anschläge verzeichnet, mit insgesamt 101 Angriffen, die etwa 570 Todesopfer forderten – vor allem Zivilisten, Sicherheitskräfte und Mitglieder lokaler Milizen. Dieser Rückgang sollte jedoch nicht als Nachlassen der Bedrohung interpretiert werden, sondern als strategische und taktische Umorientierung der Gruppen in der Region.
Die Gruppe “Jamaat Nusrat al-Islam wal-Muslimin” (JNIM) bleibt der dominierende Akteur und ist für über 60 % der Angriffe verantwortlich, insbesondere in Burkina Faso, Mali, Niger und Togo. Die Angriffe umfassen Hinterhalte, Sprengfallen (IEDs), Schusswechsel und gezielte Tötungen, mit einem hohen Anteil ziviler Opfer. Parallel intensiviert der “Islamische Staat in Westafrika” (IS-WA) zusammen mit seiner nigerianischen Niederlassung seine Aktivitäten in Niger, Nigeria, Tschad und Kamerun, wobei der Schwerpunkt auf Angriffen gegen Zivilisten liegt.
Im Maghreb war die jihadistische Aktivität im Juli begrenzt, jedoch gab es vereinzelte Vorfälle in Algerien und Libyen. In Algerien übergaben zwei Mitglieder von AQMI sich freiwillig an das Militär, während in Libyen drei IS-nahe Zellen im Süden des Landes durch Geheimdienste neutralisiert wurden. Diese Zellen waren in Rekrutierung, Menschenhandel und Geldwäsche aktiv, was auf eine fortbestehende Präsenz jihadistischer Netzwerke hinweist.
Ein wichtiger politischer Schritt war die Konsolidierung der Sahel-Staaten-Allianz (AES) durch einen Vertrag, der eine Verteidigungs- und Unterstützungsgemeinschaft begründet. Dies könnte Spannungen mit der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (ECOWAS) erzeugen und Länder wie Ghana oder die Elfenbeinküste isolieren, wodurch Instabilität begünstigt wird.
JNIM verlagert seine Aktivitäten zudem strategisch nach Süden und Westen in Mali und Burkina Faso, mit koordinierten Hinterhalten nahe der Grenze zu Senegal und zunehmender territorialer Kontrolle. Dies erhöht das Risiko einer Ausbreitung von Gewalt auf Mauritanien, Guinea und Senegal.