ANSCHLÄGE IN PARIS
Anschläge in Paris

Es ist eine schrecklich banale SMS: “Es geht los, wir beginnen” (on est parti on commence), tippte einer der Attentäter am 13. November 2015 um 21.42 Uhr in sein Handy. Dann stürmte das Trio mit Gewehren in das Konzertlokal, wo gerade die amerikanische Band Eagles of Death Metal spielte, und begann seine systematische Massenexekution. 130 Tote und 413 Verletzte lautete die furchtbare Bilanz. Weitere Opfer waren vor dem Stade de France und auf mehreren Bistroterrassen in Paris zu beklagen. Frankreich stand unter Schock.
Die Eagles of Death Metal spielten gerade vor 1500 Fans, als ein vermummtes Trio in den Konzertsaal stürmte und mit Kalaschnikows in die Menge schoss, um dann gezielt Einzelpersonen zu exekutieren. 17 Minuten lang dauerte der Horror. Draußen waren ein paar Soldaten rasch zur Stelle, doch sie erhielten die Weisung, nichts zu unternehmen.
Aus Syrien übernahm die Medienagentur Amak der Terrormiliz IS die Verantwortung für den Anschlag in Paris, das von ihr als “Stadt der Abscheu und Perversion” bezeichnet wird. Frankreich mobilisierte seine Kräfte, stellte Tausende von Polizisten ein. 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zogen wieder Militärpatrouillen über die Flanierboulevards. In den Schulen wurden Fünf- und Sechsjährige auf Plakaten instruiert, wo sie sich im Fall eines Terrorangriffs zu verstecken hätten.
Die Ermittlung zeigte rasch, dass die Operation aus der syrischen Islamistenhochburg Raqqa ferngesteuert war. Der später in einem Pariser Vorort erschossene Chefkoordinator Abdelhamid Abaaoud hatte seine Instruktionen am Tatabend via Handy aus Brüssel erteilt.
Erschreckend war für die Franzosen, dass die Terroristen aus der Nähe stammten, aus Frankreich und Belgien, wo sie ein teilweise ganz gewöhnliches Leben führten. Zum Beispiel Samy Amimour, der die Musikfans eiskalt hingerichtet hatte: Der Frankoalgerier war im Pariser Vorort Drancy in einer verwestlichten Familie aufgewachsen, hatte einen guten Job als Buschauffeur.
Nur einen Tag vor den tödlichen Anschlägen in Paris in der vergangenen Woche warnten hochrangige irakische Geheimdienstler die Koalitionsländer vor bevorstehenden Angriffen durch die Gruppe “Islamischer Staat” , wie The Associated Press erfahren hat.
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Der irakische Geheimdienst schickte eine Depesche, in der es hieß, der Anführer der Gruppe, Abu Bakr al-Baghdadi, habe einen Angriff auf Koalitionsländer, die gegen sie im Irak und in Syrien kämpfen, sowie auf den Iran und Russland angeordnet, „durch Bombenanschläge, Attentate oder Geiselnahmen Tage.”
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In der Depesche hieß es, die Iraker hätten keine genauen Angaben darüber, wann und wo der Angriff stattfinden würde, und ein hochrangiger französischer Sicherheitsbeamter sagte der AP, dass der französische Geheimdienst diese Art von Kommunikation “ununterbrochen” und “täglich” erhält.
Allerdings bestätigten sechs hochrangige irakische Beamte die Informationen in der Depesche, von der die AP eine Kopie erhalten hatte, und vier dieser Geheimdienstmitarbeiter sagten, sie hätten auch Frankreich ausdrücklich vor einem möglichen Angriff gewarnt. Zwei Beamte teilten der AP mit, dass Frankreich im Voraus vor Details gewarnt wurde, die die französischen Behörden noch veröffentlichen müssen.
Darunter: dass die Anschläge von Paris offenbar in Raqqa, Syrien – der De-facto-Hauptstadt des Islamischen Staates – geplant waren, wo die Angreifer speziell für diese Operation ausgebildet wurden und mit der Absicht, sie nach Frankreich zu schicken.
Die Beamten sagten auch, eine Schlafzelle in Frankreich habe sich dann nach ihrer Ausbildung mit den Angreifern getroffen und ihnen bei der Umsetzung des Plans geholfen.
An der Operation seien 24 Personen beteiligt gewesen, hieß es: 19 Angreifer und fünf weitere, die für Logistik und Planung zuständig waren.
Die Beamten sprachen alle anonym, da sie nicht befugt sind, die Angelegenheit öffentlich zu diskutieren.
[1] Vgl. Wyssuwa, Matthias (2021): Offenbar islamistischer Anschlag vereitelt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.12.2021. URL: Offenbar islamistischer Anschlag in Hamburg vereitelt (faz.net)